Jun 06, 2023

Relegationspokalsieger!



Mit einem 3:0 Vorsprung fährt der VfB nach Hamburg ins Volksparkstadion zum Relegationsrückspiel der Saison 2022/23. Nach dem überraschend deutlichen Sieg ist klar, dass der HSV unter Zugzwang steht. Tim Walter und der HSV wollen in einem Hamburger Hexenkessel noch einmal alles probieren. Hält der VfB in der Drucksituation dieses Mal stand?



Ausrichtung

Der VfB setzt auf folgende Spieler im ausverkauften Hamburger Stadion:



Hoeneß verzichtet auf Veränderungen in der Formation. Somit bleibt Zagadou nur der Platz auf der Bank und auf den Flügeln erhalten Millot und Führich nach guten Leistungen vergangenen Donnerstag erneut das Vertrauen. Bredlow ist weiterhin nicht einsatzfähig und wird deshalb durch Florian Müller vertreten.

Nach 45 Minuten nimmt der Trainer bereits die erste Wechseloption wahr und ersetzt den bereits gelb-verwarnten Mavropanos durch Daxo Zagadou, der mit Anton die Positionen in der Innenverteidigung tauscht. In der 67. Minute wird dreifach gewechselt:Tomás, Nartey und Pfeiffer ersetzen positionsgetreu Millot, Sosa und Guirassy. In der Endphase tauscht Hoeneß Vagnoman gegen Silas (82.).


Der Spielfilm und taktische Beobachtungen


Halbzeit I

Der HSV ergreift sofort die Initiative. Die Spieler laufen hoch an, gewinnen einige Zweikämpfe und sorgen für ein gewisses Chaos in der Stuttgarter Hintermannschaft. Es ist schnell erkennbar, dass heute der HSV ein anderes Gesicht zeigt als es vor 4 Tagen der Fall war. Direkt ist mehrmals Aufregung da: Müller muss aufpassen, den Ball nicht gegen Kittel zu verlieren und pariert einen scharf aber mittig geschossenen Freistoß aus ca. 20 Metern von Dompé wenige Minuten später.

Der emotionalisierte HSV setzt sich auf rechts durch Dompé durch, dieser zieht in die Mitte und nimmt Kittel mit. Der VfB ist von dieser Verlagerung etwas überrumpelt; Jatta bindet Sosa, Karazor und Endo sind überspielt und als Führich zurückeilt, kann Kittel bereits abschließen. Knapp außerhalb des Strafraum von halbrechts hämmert er den Ball an den linken Innenposten und von dort ins Tor.

Der VfB reagiert agressiv und versucht es direkt über Führich, Hamburg bleibt sehr präsent. Der VfB befreit sich in der 17. Minute mit einem langen Ball Itos auf Guirassy, der auf Führich ablegt. Führich dreht auf und legt weit in der gegnerischen Hälfte auf Vagnoman ab. Nach einigen Stochereien spielt Millot steil Endo an, der legt am Fünfmeterraum auf Guirassy ab, der mit einer unkonventionellen Drehung den Ball ins Netz rollen lässt. Der Treffer wird leider im Anschluß aufgrund einer Abseitsposition von Guirassy zu Beginn der Situation annuliert.

Das Spiel beruhigt sich etwas, Millot erläuft fast einen Rückpass auf Heuer-Fernandes, der VfB hat einige ergebnislose Standards oder spielt Situationen nicht klar genug aus, einen Freistoß zentral aus knapp 25 Metern setzt Guirassy deutlich über den Kasten. Am Ende der ersten Hälfte dreht Hamburg noch einmal auf, Glatzel verfehlt mit einem scharfen Warnschuss unter Bedrängnis das Tor. In der Nachspielzeit pariert Müller stark einen Kopfball, nachdem der VfB wiederholt zweite Bälle nicht gewinnen konnte und ziemlich schwimmt.

Der VfB spielt prinzipiell mit einer ähnlichen Strategie wie im Hinspiel, möchte hoch stehen und agressiv spielen, wird aber in dieser Halbzeit teilweise überspielt. 


Halbzeit II

Der VfB startet dann jedoch kompromisslos in die zweite Hälfte. Zagadou gewinnt etwas aufgerückt mehrere Kopfballduelle, Endo schiebt durch und spielt in den Raum Guirassy an. Dieser hat dank eines guten Laufwegs viel Platz und spielt überlegt Millot an, und der kommt frei tief im Strafraum zum Abschluss und verwandelt durch die Beine des Torhüters (48.).

Hamburg fällt in der Folge wenig ein. Das Spiel plätschert etwas dahin, bis in der 64. Minute der VfB gut Hamburgs Defensivspieler im Aufbau zustellt. Heyer spielt einen schwachen Pass auf Heuer-Fernandes, der von Millot attackiert wird und über den Ball schlägt, Millot schiebt ein und jubelt befreit. Selbst für die Verlängerung bräuchte Hamburg nun 4 weitere Treffer. 

Glatzel hat um die 75. Minute eine sehr gute Schusschance, Kittel und Königsdürfer ebenso. Nach diesem letzten Aufbäumen beruhigt sich das Spiel, nachdem Ito den Ausgleich verhindert, schließt Silas einen Konter zum 3:1 Endstand trickreich ab.




5. 6. 2023 | Relegation Rückspiel 2022/23

Hamburger SV -  VfB Stuttgart 1:3 (1:0)
1:0 Kittel (6.)
1:1 Millot (48.)
1:2 Millot (64.)
1:3 Silas (90 +7)


2 Dinge, die auffielen


1. Die Spielweise des HSV kam dem VfB entgegen

Natürlich ist es sehr ungewohnt, das zu sagen, aber in dieser Paarung war der VfB das reifere Team. Hamburg erinnert in seiner mutigen, aber luftigen Spielweise an den VfB in vielen Bundesligapaarungen in der Vergangenheit. Aber es macht den Eindruck, als habe der VfB doch ein paar Dinge aus diesen Erfahrungen gelernt, auch wenn heute durchaus die Paarung noch einmal hätte schief gehen können, mit etwas Pech. Durch die frühe Einzelaktion von Glatzel war eigentlich die Saat gelegt.

Am Ende fand der HSV aber einfach kein Mittel gegen die Stuttgarter Offensive, die sich in den beiden Spielen von ihrer besten Seite zeigte. Dass Hamburg wiederholt große Defizite defensiv offenbarte, tat dem VfB spürbar gut. Trotzdem kann von drei guten bis sehr guten Halbzeiten gesprochen werden und auch die erste Hälfte, in der die Mannschaft wankte, wurde durchgestanden. 

Es wäre allerdings zu kurz gesprungen, dass ein Gegner wie Heidenheim für den VfB unbespielbar gewesen wäre. Unter Hoeneß hatte die Mannschaft gegen sehr verschiedene Teams ansprechende Leistungen gezeigt und beispielsweise gegen Leverkusen, Mainz und Dortmund nicht verloren.

Trotzdem sehr gute Vorstellung von Hamburg im Rückspiel, so wieder aufzustehen ist wirklich sehr beachtlich. Am Ende setzt sich die Qualität des VfB durch und die Unsouveränität des VfB in einigen Szenen fällt nicht ins Gewicht.


2. Alle mit Herz dabei

Die Mannschaft zeigt sich in der Endphase der Saison als homogene und emotionale Einheit. Viele Spieler überzeugen in den beiden Duellen (Endo, Millot, Anton, Karazor, Führich, Ito, Guirassy). Zwei der drei großen Defizite der Saison (defensive Aussetzer und offensive Abschlüsse) fallen in den Duellen weniger ins Gewicht, u.a. weil im Hinspiel zwei Standards den Weg ebnen. Das dritte Defizit, der Umgang mit Drucksituationen, wird insgesamt in diesen Duellen ganz gut gelöst, auch wenn die Nervosität phasenweise zu erkennen ist.

Die Rudelbildung nach dem 2:1 sowie die Szenen nach Apfiff zeigen, dass dieses Team wirklich sich sehr mit den Aufgaben identifziert. Ich könnte mir durchaus vor stellen, dass die vielen Widerstände unter Labbadia (unbeabsichtigter und beabsichtigter Natur) zu einem Zusammenwachsen geführt haben. Jetzt ist es an der sportlichen Leitung darauf klug aufzubauen statt den großen Umbruch zu vollführen.



To be mentioned

  • Keine kontrollierte Spielweise geplant gewesen?

    ... Offenbar sah der Matchplan vor, nichts anbrennen zu lassen und die Performance aus dem Hinspiel zu wiederholen. Das schließe ich daraus, dass die Mannschaft weiterhin versuchte, hoch anzulaufen. Allerdings wäre mehr Kontrolle wohl sinnvoll gewesen, in diesem emotionalen Umfeld, war der Beginn viel zu chaotisch. Hamburg bekam so die Möglichkeit, zu zeigen, dass Walter hier viel offensive Qualität parat hat. Trotzdem ließ der VfB bis auf zwei Drangphasen in der ersten Hälfte (und eine weitere nachdem das Spiel entschieden war) allerdings wenig zu. 
  • Spielglück

    ... Am Ende hat es für den HSV nicht sollen sein. In den Momenten, die man braucht, um eine Dynamik zu erzeugen, war der HSV nicht in der Lage die Tore zu erzielen.

  • Matchwinner Millot

    ... Enzo-Love. Vertragsverlängerung, wann?!

  • Gute Hamburger Atmosphäre

    ... Massives Kompliment an diese Fans, dieses Stadion und auch die Hamburger Mannschaft. Sie betonen es oft, aber sie sind wirklich nochmal aufgestanden und habe einen tollen Fußballabend bereitet. Mein Gefühl sagt mir, dass es nächste Saison so weit sein könnte mit dem Aufstieg...



Kaum ist die Saison beendet, beginnt das Hauen und Stechen. Mit jedem wird abgerechnet und die magische Atmosphäre, die uns das Team in der Relegation bereitet hat, übertragt sich nicht auf Medien und Umfeld. Die Mannschaft wirkt deutlich weiter als letzte Saison, unter Hoeneß hat sie endlich den nächsten Schritt gemacht. Dagegen ist die Vereinssituation eine komplett andere als vor einem Jahr; die Fronten haben sich verhärtet. Der Vorstand, Aufsichtsrat und Wohlgemuth müssen nun liefern. Die erste angemessene Konsequenz müsste sein, den Vorstandsvorsitzenden abzuberufen oder seinen Einfluss auf den sportlichen Bereich zu minimieren. Weitere Schlussfolgerungen wollen wir in den nächsten Wochen mit etwas Abstand auf unserer Seite präsentieren.

Kommentare (0)