Aug 20, 2023

1. Spieltag: Wird da jemand erwachsen!?



Es sollte ein Festtag werden, Mittwochabend platzte dann die Endo-Bombe - und am Ende wurde es doch ein Festtag. Mit einem satten 5:0 gewinnt der VfB Stuttgart den Bundesliga-Auftakt gegen den VfL aus Bochum.


Bilder: Eigene Aufnahmen


Ausrichtung

Der VfB setzt auf folgende Spieler in der ausverkauften, zur MHP-Arena umbenannten Heimstätte an der Mercedesstraße:



Hoeneß vertraut weitestgehend auf die Formation der ersten Pokalrunde. Endos Position wird durch eine Verschiebung innerhalb der Formation von Enzo Millot auf die Doppel-6 gelöst, der somit neben Karazor begann. Die "schwimmende" Rolle als Zehner/falscher Neuner übernimmt Jeong. Es stehen somit zwei Neuzugänge im Vergleich zur Vorsaison in der Startaufstellung: Alexander Nübel und Woo Jeong.

Offensichtlich mit der Leistung zufrieden wechselt Hoeneß erst in der 78. Minute beim Stand von 5:0 vier Mal: Egloff, Leweling, Sosa und Massimo ersetzen Karazor, Silas, Ito und Stenzel. 5 Minuten später kommt der 18-jährige Milosevic zu seinem Bundesligadebüt (für Guirassy, 83.).


Der Spielfilm und taktische Beobachtungen


Halbzeit I

Die Partie beginnt mit einer dicken Schrecksekunde, die an die vergangenen beiden Saisons erinnert: Bereits nach knapp 80 Sekunden treibt Bochum den Ball über den linken Flügel nach vorne, Antwi-Adjei und Hofmann düpieren Anton und Zagadou, so dass Hofmann plötzlich aus ca. 8 Metern relativ frei zum Abschluß halblinks vor Nübel kommt. Der bleibt lange stehen, Hofmann schiebt den Ball am Tor vorbei.

In den ersten Minuten entwickelt sich dabei ein kampfbetontes Spiel mit viel Stuttgarter Ballbesitz und ansehnlichen Ballstaffetten, die aber zunächst nicht bis in den Strafraum führen. Nach einer Viertelstunde kommt es zur ersten Trinkpause, wenig später, in der 18. Minute, kommt es dann zu einem Einwurf rechts hinten, ausgeführt von Stenzel. Jeong kommt Stenzel entgegen und öffnet mit einer schnellen Verlagerung den Raum für Karazor und Ito auf halblinks. Guirassy hatte sich weit nach hinten fallen lassen und zündet nun den Turbo, in der Bochumer Dreierkette klafft eine riesige Lücke, in die Guirassy stößt und den Ball aus knapp 20 Metern unter die Latte hämmert, am herausgekommenen Riemann vorbei.

In der Folge der VfB weiterhin mit der besseren Spielanlage, aber ohne klare Möglichkeiten. In der 37. Minute dann die nächste Großchance. Wieder kombiniert sich der VfB ansehnlich und feingliedrig durchs Mittelfeld, Millot spielt von der Grundlinie aus in die Mitte, nachdem Silas noch geblockt wird, verzettelt sich Jeong kurz vor dem Fünfmeterraum gegen mehrere Bochumer und verpasst es das 2:0 zu markieren.

Bei der folgenden Ecke ist es dann aber so weit: Führich schlägt sie von links auf den kurzen Pfosten. Dort sammeln sich die groß gewachsenen Zagadou, Guirassy und Karazor. Guirassy und Karazor ziehen einen Teil der Verteidiger (ob gewollt oder nicht) vom Tor weg, Zagadou steigt am höchsten und köpft aus kurzer Distanz ein. Kurz vor Ende der Nachspielzeit hat dann Jeong das 3:0 auf dem Fuß: Nach schnellem Nübel-Abwurf treibt Führich den Ball über den ganzen Platz und spielt Jeong an, der lässt nach einer guten Bewegung einen satten Schuss mit dem rechten Aussenrist folgen, den Riemann gerade noch vereiteln kann.


Halbzeit II

In der 48. schickt Ito Guirassy erneut auf die Reise, der verzieht aber knapp links unten. Dann kommt ein paar Minuten später Asano aus spitzem Winkel vor Nübel zum Abschluss, der lenkt den Ball aber artistisch am Tor vorbei, Masovic bekommt den abgewehrten Ball nicht mehr aufs Tor. Eine Minute später in der 59. dann jedoch auf der anderen Seite die Vorentscheidung: Einwurf Führich, erhält von Ito den Ball zurück und flankt in die Mitte, dort stehen erneut Jeong, Guirassy und Silas gut gestaffelt. Guirassy verpasst, aber am langen Pfosten muss Silas den Ball nur noch über die Linie drücken. 

Zunächst plätschert die Partie im Folgenden eher dahin. Das ändert sich rasant in der 67.: Karazor spielt Stenzel am rechten Strafraumeck an, der kommt gegen zwei Bochumer irgendwie zur Flanke. Guirassy öffnet die Mitte für Silas und dieser kann erneut problemlos frei mit dem Fuß aus wenigen Metern verwandeln. In der 77. Minute ist Bochum dann die Selbstaufgabe quasi anzumerken: Guirassy bewegt sich zwischen den Innenverteidigern, wird vom völlig alleingelassenen Stenzel in den Strafraum geschickt und verwandelt aus etwa 10 Metern von halbrechts ins lange Eck.

Nach vielen Wechseln kommt es zu keinen zwingenden Chancen mehr, in der 90. Minute kombinieren sich Führich und Sosa über links durch die Bochumer Reihen, Lewelings Schuss wird jedoch noch geblockt.



19. 8. 2023 | 1. Bundesliga-Spieltag 2023/24

VfB Stuttgart - VfB Bochum 5:0 (2:0)
1:0 Guirassy (18.)
2:0 Zagadou (38.)
3:0 Silas (59.)
4:0 Silas (67.)
5:0 Guirassy (77.)


3 Dinge, die auffielen


1. Idealer Spielverlauf

Von Anfang an zeigt der VfB eine gelungene Spielanlage und eine gute Mischung aus Konzentration und Lockerheit. Trotzdem wird bis zum 1:0 Bochum ordentlich eingestellt. Mit vielen Spielen wird das Zentrum verdichtet. Der VfB spielt ohne klassische Flügelspieler (selbst Führich, der am ehesten diesem Profil entspricht zieht hauptsächlich nach innen) und kommt zu Beginn nicht zu den großen Torgelegenheiten. Die erste Großchance auf Stuttgarter Seite führt dann aber zum 1:0 - und die gesamte Bochumer Strategie des stabil-stehens und Nadelstiche setzens ist damit angeknockt. Es gehört wenig Fantasie dazu - der Blick auf die letzten Saisons genügt - dass beim 0:1 durch Hofmann nach 2 Minuten das Spiel deutlich problematischer hätte werden können.

Aber so ist die Dynamik auf Stuttgarter Seite. Das verstärkt sich noch durch das 2:0 vor der Halbzeit durch eine Ecke und das 3:0 direkt nach der ersten besseren Bochumer Torchance in der zweiten Hälfte. So ist der VfB immer aus einer Position der gewissen Stärke in der Partie unterwegs. Allerdings ist es nicht nur dem Spielglück zu verdanken: Nübel hat auch seinen Anteil daran, dass Hofmann in der zweiten Minute verzieht und die Klasse von Guirassy oder die Kopfballstärke Zagadous fallen auch nicht einfach vom Himmel.


2. Klare Spielidee

Der VfB knüpft an die starke Form aus dem Hoeneß-Part der Rückrunde an. Wie in allen Hoeneß-Spielen ist ein klarer Spielplan erkennbar. Dabei variiert die Spielidee durchaus je nach Gegner und Personallage. Dieses Mal sind viele technisch feine, wuselige Spieler auf dem Platz, die Bochum vor massive Probleme stellen. Insbesondere Jeong, Führich und Millot sind für Bochum schwer zu greifen. Während diese Spieler die Spielkontrolle herstellen, sind offensiv vor allem die geradlinigen Spieler gefährlich, ob nach Standards oder nach Steckpässen (Guirassy) oder nach Flanken bei guter Strafraumbesetzung (Silas). 


3. Gereiftes Team?

Man konnte sich schon etwas die Augen reiben, es ist aber eine Entwicklung, die sich nun seit einer gewissen Zeit andeutet. Die Mannschaft scheint erwachsen geworden zu sein. Und es ist nicht einmal so überraschend, wenn man darüber nachdenkt. Gute Charaktere altern gemeinsam und überstehen schwierige Erfahrungen - ein gewisser Reifeprozess stellt sich ganz automatisch dann ein. 

Dazu kommt, dass ich den Eindruck habe, dass das Stahlbad der letzten beiden Jahre mit vielen emotional extremen Spielen und der auf Führungsebene chaotischen Vorsaison (inklusive 4 Trainer) nun wirklich den Allerletzten aus der Komfortzone geholt hat. Natürlich gilt es abzuwarten, wie die Mannschaft mit Rückschlägen und Drucksituationen in dieser Saison umgehen wird, aber es besteht Grund zur Hoffnung.




To be mentioned

  • Starkes Kollektiv, einige gute Einzelleistungen

    ... Vieles hat in diesem Spiel zusammengepasst: Eine technisch überlegene Mannschaft, die klug und beweglich spielt (z.B. Karazor, Jeong, Millot), die aber auch in den richtigen Momenten geradlinig agiert (Stenzel, Guirassy, Anton). Gute Mischung. Da fällts dann auch nicht so ins Gewicht, wenn insbesondere Silas und Führich weiterhin ihre Schwierigkeiten in der Entscheidungsfindung offenbaren.


  • Enzo-Love

    ... Vertragsverlängerung, wann?!


  • Euphorie: Bitte bremsen.

    ... Vor zwei Jahren folgte einem leichtfüßigen 5:1 gegen Fürth eine der anstrengendsten Saisons der letzten Jahre. Auftaktspiele sind generell oft schwer zu bewerten, ein Gegner wie Bochum, der definitiv gegen den Abstieg spielt, macht es dann noch einmal um einiges schwerer. Ein Punkt gegen Leipzig wäre Freitag eine Überraschung, ist aber nicht unmöglich. Anschließend folgt das Heimspiel gegen Freiburg. Steht der VfB danach bei 4 oder 5 Punkten, kann von einem gelungenen Start gesprochen werden aus meiner Sicht.


  • Wataru Endo

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"Wir wissen um unsere Stärke und trotzdem muss einfach klar sein, und ich glaube das haben die letzten 2 Jahre gezeigt, dass es jetzt sehr, sehr schlau ist, alle gemeinsam eine gewisse Demut an den Tag zu legen. Das werde ich auf jeden Fall vorleben, und die Mannschaft auch, da mache ich mir gar keine Sorgen, ehrlich gesagt. Und das müssen wir als Klub tun, auch die Fans brauchen da ein gutes Gespür, was es jetzt braucht für ein gesamtheitliches Mindset, um hier das Ziel zu erreichen, eine sorgenfreie Saison zu spielen."

(Sebastian Hoeneß auf der PK nach der Partie)

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